Sieben Jugendliche klettern 24 Stunden lang
Sieben Mitglieder der Jugendorganisation des Schweizerischen Alpen-Clubs SAC (Sektion Zofingen) veranstalteten am vergangenen Wochenende ein 24-Stunden-Klettern, Die anspruchsvolle Aufgabe, die sie sich wohlverstanden selbst auferlegt hatten, bestand darin, dass von Samstagmittag bis Sonntagmittag immer eine der drei Seilschaften in einer Felswand klettert. Dazu eignete sich die bekannte Egerkinger Platte ideal.
dv. Die Idee zum Projekt „24-Stunden Nonstop-Klettern„ hatte die 17-Jährige Nadine Feiger aus Zofingen. Vor einem Jahr war sie mit Kollegen der Jugendorganisation beim Klettern. Die Jüngsten der Kletterer wollten nicht so recht vorwärtskommen, so dass die Seilschaften mit mehr Erfahrung die Wand gleich noch ein zweites Mal erkletterte, noch bevor die langsameren ein erstes Mal oben ankamen. Was zuerst nur als Scherz vorgeschlagen wurde, ist jetzt in die Tat umgesetzt worden.
Nadine Feiger mit Seilpartner René Wyss, ihr Bruder Michael mit Seilpartner Florian Zaugg und die Seilschaft Dominik Schild und Matthias Schär werden trotz der umfangreichen Vorbereitung langsam nervös: „Wir haben noch sieben Minuten, dann müssen wir starten“, ermahnt in bestimmtem Ton eines der sechs Mitlieder der Jugendorganisation, allesamt mit mehrjähriger Klettererfahrung. Sie ziehen Klettergurt, Helm und Kletterschuhe an und legen die Sicherungsseile bereit. „Und wenn ihr oben angekommen seid, dann läutet ihr kräftig die oben aufgehängte Kuhglocke. So wissen wir unten, dass die nächsten einsteigen müssen“, erklärt Nadine Feiger und klettert schon los.
Währenddem die erste Seilschaft, die Kantonsschülerin Nadine und der selbständige Landschaftsgärtner René Wyss aus Uerkheim, die Wand hochklettert, machen sich am Felsfuss schon bereits die nächsten bereit. Florian Zaugg, Speditionsleiter eines Gemüseproduzenten und der Bezirksschüler Michael Feiger müssen losklettern sobald die vorangehende Seilschaft die 110 Meter hohe Wand erklettert hat. So will es die selbst auferlegte Spielregel.
Nur noch kurz hat die dritte Seilschaft, der Land- und Baumaschinenmechaniker Matthias Schär aus Brittnau und der Strassenbauer Dominik Schild aus Küngoldingen, Zeit um die Verpflegung für die nächsten 24 Stunden sicherzustellen: Grillrost installieren, anfeuern, Wassersack aufhängen und und. Nur allzu bald beginnt auch ihr Klettereinsatz.
Als multifunktionaler Helfer werden die sechs Jugendlichen von Stefan Flückiger unterstützt, der ebenfalls Mitglied der Jugendorganisation ist. Er hilft wo er kann, packt einem Kletterer die Schuhe für den Abstieg in den Rucksack, achtet auf den Glockenton und managt die Verpflegung, in dem er am Feuer vom selbst mitgebrachten Holz nachlegt, um eine Wurst oder ein Stück Fleisch für die hungrigen Kletterer zu grillieren. Unerwartet rasch kommt er sogar als Ersatzkletterer zum Einsatz, da ein Teammitglied bis kurz vor Projektstart arbeiten musste und nicht rechtzeitig erscheinen konnte.
Der Start ist geglückt, Seillänge um Seillänge klettern die Seilschaften, so dass die Kuhglocke wie geplant alle zwanzig Minuten ertönt. Trotzdem kommt bei Drahtzieherin Nadine Feiger plötzlich Verunsicherung auf: „ Ich bin noch nie im Dunkeln geklettert, geht das gut?“ Dominik Schild beruhigt: „ Keine Bange, ich habe zweihundert selbstleuchtende Knicklichter dabei. Vor dem Eindunkeln montieren wir diese Leuchtstäbchen an den Expressschlingen. Und zusätzlich haben wir ja unsere Stirnlampen dabei“. So bleiben die Karabiner auch in der tiefen Nacht erkennbar und die Sicherheit gewährleistet.
Alle sind sich schnell einig, dass die Nacht der wohl anspruchsvollste Teil wird: „Wir werden kaum zu mehr als zwanzig Minuten Pause pro Durchgang kommen. So wird höchstens ungewollt mal jemand eindösen, aber zum richtig schlafen werden wir nicht kommen“, befürchtet der mit fünfzehn Jahren jüngste im Team. Trotz der Bedenken hängt er seine Hängematte zwischen zwei Bäumen auf und legt vorsorglich einen Schlafsack bereit.
Fast unermüdlich wird geklettert, Karabiner um Karabiner eingehängt. Spasseshalber wird sogar eine Strichliste geführt, wer wie häufig geklettert ist. Nach dem zehnminütigen Abstieg zu Fuss durch den Wald stärken sich die Kletterer mit einer warmen Suppe, die eine beherzte Mutter vorbeigebracht hat. Einen willkommenen Motivationsschub gibt ein Dessert, das ein Vater offeriert hat. In der sternenklaren und deshalb kalten, später nebelfeuchten Nacht ist jede Auflockerung und ein wärmendes Feuer willkommen. Der Helfer und Mann für alles, Stefan Flückiger ist entsprechend gefordert und springt während der Nacht zehn mal als Ersatzkletterer ein, da dem einen oder andern Kollegen das Knie oder die Füsse schmerzen und sich eine allgemeine Müdigkeit bemerkbar macht.
Jede Seilschaft wird bis dreiundzwanzig mal die Kalkplatte des alten Steinbruchs erklimmen. Pro Person ergibt das immerhin über 2500 Höhenmeter beziehungsweise 14’000 Meter Aufstieg für die ganze Gruppe. Oder eine anschauliche Kletterstrecke von zweiundzwanzig Kilometern.
Aber das wichtigste an allem: Die Kuhglocke am Ausstieg der Wand erklang während 24 Stunden in guter Regelmässigkeit alle zwanzig Minuten, ohne Unterbruch. Müde aber überglücklich über das erfolgreiche Projekt und um eine Erfahrung reicher freuen sich die Sieben auf die nächste, geruhsame Nacht, um den verpassten Schlaf nachzuholen. Er ist ihnen mehr als zu gönnen.
Bericht:
Daniel Vonwiller
Städtli 22
4663 Aarburg
079 668 44 88